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Nova Scotia und Neufundland

 

Eine Fotoreise an die nördliche Ostküste Kanadas – dem «Atlantic Playground»

 

Neufundland und Nova Scotia. Diese Namen allein wecken Sehnsüchte – nach rauer Natur, salziger Meeresluft und dem Gefühl, ganz weit weg zu sein. Es war ein lang gehegter Traum, diese abgelegene Ecke Kanadas mit der Kamera zu bereisen. Im Juni 2025 war es endlich soweit: Die Reise führte mich erst privat zu lieben Freunden nach Nova Scotia. Anschliessend auf die Fotoreise entlang der atemberaubenden Küsten Neufundlands, vorbei an Leuchttürmen, zu den drolligen Papageitauchern, durch bunte Fischerdörfer und mitten hinein in die dramatische Szenerie der «Iceberg Alley».

 

Nova Scotia – Zwischen Küstenlicht und Farbenpracht

Nova Scotia, die kanadische Provinz, die bekannt ist für ihre zerklüfteten Küsten, charmanten Fischerdörfer und spektakulären Lichtverhältnisse. Vom geschäftigen Halifax bis zu den stillen Ecken von Cape Breton – jede Station war ein fotografischer Genuss.

Wegen einer technischen Störung des Flugzeugs verzögerte sich meine Anreise nach Halifax um einen Tag und ich musste auf der schon eher knapp bemessenen Zeit ordentlich Gas geben – leider.

Das Blue Cottage – zu Gast bei Freunden

Wohnen durfte ich während des Aufenthaltes bei meinen lieben Freunden Pam und Jean-Pierre, im charmanten Blue Cottage, nur einen Steinwurf vom Strand entfernt. In ihrem liebevoll eingerichteten BnB ist die Verbindung zur alten Heimat nicht zu übersehen. Von hier startete ich zu meinen Erkundungstouren.
 

Lunenburg – Farbenfrohes UNESCO-Juwel

Mein Weg führte mich erst südwärts nach Lunenburg, einem der malerischsten Orte der gesamten Provinz. Die Altstadt mit ihren farbenfrohen Holzhäusern, schiefen Gassen und Segelschiffen wirkte wie ein lebendiges Gemälde.

Weiter ging es entlang der Lighthouse-Route zur Mahone Bay. Die drei markanten, am Wasser liegenden Kirchen sind ein tolles Sujet, auch wenn es wegen des Windes mit der Spiegelung nicht wunschgemäss klappte. Im kleinen Fischerdörfchen Blue Rocks war mir der Wind dann gnädiger gesinnt. Während ich die Fischerhäuser ablichtete, besuchte mich ein Sandstrandläufer und er posierte so nett für mich, dass ich die Zeit vergass und auf einmal zu meinen Abendspot pressieren musste.

Peggy’s Cove – Wo das Meer Geschichten schreibt

Natürlich durfte auch ein Besuch in Peggy’s Cove nicht fehlen. Der ikonische Leuchtturm auf den glatt geschliffenen Granitfelsen ist ein Muss. Auch wenn man ihn schon tausendfach auf Fotos gesehen hat, ist das Erlebnis vor Ort unvergleichlich. Die Waldbrände in Zentralkanada und die Aschepartikel in der Luft bescherten mir einen traumhaften Sonnenuntergang. Ich konnte mich von diesem Ort kaum lösen.

Für mich als Schweizerin und Flughafenanwohnerin hat Peggy’s Cove auch eine tragische Bedeutung. 1998 stürzte hier Swissair Flug 111 in den Atlantik und alle 229 Insassen verloren ihr Leben.

Cape Breton – Naturdrama und stille Schönheit

Die nächste Etappe war die Umrundung von Cape Breton Island, auf dem berühmtem Cabot Trail. Die Panoramastrasse umschliesst den gesamten nördlichen Teil von Cape Breton und führt entlang zerklüfteter Felsenküsten und bewaldeten Bergen  windet sich Berge hinauf und wieder hinunter. Immer wieder bieten sich spektakuläre Ausblicke auf den Atlantischen Ozean. Als Highlight wanderte ich auf dem Skyline Trail entlang der felsigen Küste. Hier «hätte» ich grossartige Panoramablicke auf das tosende Meer und die majestätischen Berge gehabt. Ein heftiges Gewitter vereitelte meine Pläne. Ich harrte rund 90 Minuten unter einer Fichte aus, in der Hoffnung das Gewitter möge rasch vorüberziehen. Doch dem war nicht so, es regnete sich richtig ein. Enttäuscht wanderte ich im strömenden Regen zum Auto zurück.

In meiner Unterkunft – einem Motel mit sechs Zimmern – war ich der einzige Gast. Die etwas schrullige Besitzerin löcherte mich beim Einchecken mit vielen Fragen: «woher kommen sie, wohin reisen sie, sind sie denn wirklich alleine unterwegs». Ich fühlte mich ein wenig wie in Bates Motel und vergewisserte mich wirklich zwei Mal, ob meine Zimmertür auch abgeschlossen war. 😊

Halifax – Die lebendige Hafenstadt

Meine begrenzte Zeit reichte noch für einen kurzen Besuch in Halifax, der Hauptstadt der Provinz. Der geschäftige Hafen mit seinen alten Lagerhäusern, Segel- und Fischerbooten war eine tolle Mischung aus maritimem Flair und urbanem Leben. Auf dem drei Kilometer langen Halifax Waterfront Boardwalk kann man schlendern und dem bunten Treiben auf den Quais zuschauen.

Dann war Zeit zum Abschiednehmen von Nova Scotia, das nächste Abenteuer wartete auf mich: Die zweiwöchige Fotoreise in Neufundland. Ein kurzer Flug von Halifax nach St. John’s wo ich die Teilnehmer der Fotoreise kennenlernen durfte.

Neufundland – Zwei Wochen Fotoglück am Atlantik

 

Leuchttürme, wilde Küsten und Sonnenuntergänge

Kaum etwas verkörpert die maritime Romantik Neufundlands besser als seine Leuchttürme. Inmitten dieser wilden Natur trotzen Leuchttürme seit Jahrhunderten dem Atlantik. Dazu gehören Fischerdörfer mit bunten Holzhäusern, rostige Schiffwracks, Möwengeschrei und Nebelhörner. Genau das macht diesen Reiz aus. Besonders eindrucksvoll: Das Cape Spear Lighthouse, der östlichste Punkt Nordamerikas. Nirgendwo ist man näher an Europa als hier, wo die Sonne als erstes den Kontinent begrüsst.

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Basstölpel und Papageitaucher – Freude an gefiederten Freunden

Am Cape St. Mary’s befindet sich eine der grössten Basstölpelkolonien Nordamerikas. Der Pfad zur Klippe führt durch Grasland. Schon beim Näherkommen kündigte sich die Kolonie akustisch an. Ein vielstimmiges, durchdringendes Kreischen. Dort angekommen, ist der Anblick überwältigend. Tausende von Basstölpeln, diese majestätischen Seevögel mit ihrem schneeweissen Gefieder, schwarzen Flügelspitzen und honiggelben Köpfen. Sie steigen in eleganten Spiralen empor, stürzen pfeilschnell ins Meer oder gleiten mit ausgestreckten Schwingen dicht über unsere Köpfe.

Nicht weniger spektakulär war der Besuch von Elliston, einer der Küste vorgelagerten Felseninsel. Nur wenige Meter trennten uns von den kleinen, bunten Papageitauchern, welche geschäftig ihre Nester auf der Felseninsel bezogen. Ihre leuchtenden Schnäbel und tapsigen Landungen sind ein Fest für jeden Fotografen. Zwei Mal durften wir diesen Ort besuchen, einmal während eines perfekten Sonnenaufgangs, d.h. «Puffin-Kitsch» vom Allerfeinsten.

Whale Watching – Begegnung mit den Giganten der Meere

Was für ein aufregendes Abenteuer – es ging mit dem Zodiac in horrendem Tempo aus dem Hafen in die weite Bucht hinaus auf der Suche nach Walen. Auch wenn das Meer eher ruhig war, musste man sich gut festhalten, die Schläge abfedern und auf seine Ausrüstung achten.

Dann wurde angehalten, die Stille tat gut. Wir hielten mit Ferngläsern Ausschau nach dem Blasen der Wale. Da! Eine Fontäne stieg senkrecht auf. Nur Sekunden später erhob sich eine massige, zerklüftete Rückenlinie aus dem Wasser: Ein Pottwal. Langsam, wie in Zeitlupe, glitt er durch die Oberfläche – majestätisch, archaisch. Dann wölbte sich der Rücken, ein kurzer Moment der Spannung, und mit einer eleganten Bewegung hob sich die riesige Schwanzflosse aus dem Meer. Tropfen glänzten in der Sonne, bevor er lautlos verschwand. Der Tauchgang begann – bis zu 2000 Meter tief, ca. 1 Stunde lang. Und zurück blieb: Gänsehaut pur! Sage und schreibe sechs Pottwal-Sichtungen durften wir erleben und fotografieren.

Gegen Ende der Tour erspähte unser Skipper einen breiteren, niedrigeren Blas. Ein neues Highlight kündigte sich an. Ein Finnwal, das zweitgrösstes Tier der Erde durchpflügte das Wasser. Seine Dimensionen sind unglaublich – über 20 Meter lang, fünf Mal so lang wie unser Zodiac. Der schlanke Körper mit der markanten Sichelflosse zog knapp unter der Oberfläche vorbei. Man sah die Haut flimmern, die Kraft der Bewegung, das lautlose Gleiten eines Ozeanriesen. Nochmals Gänsehaut pur!

Twillingate – Die Eisberghauptstadt

Twillingate, an der sogenannten «Iceberg Alley» gelegen, ist einer der besten Orte der Welt, um Eisberge aus nächster Nähe zu fotografieren. Das 10’000 Jahre alte Eis bricht in Grönland von den Gletschern ab und wird via Labradorstrom und Wind bis nach Neufundland getragen.

Die Eisberge sind teilweise bis zu drei Jahre lang unterwegs, treiben an der Küste vorbei oder stecken in den Buchten fest. Jahrtausendealtes Eis wird wieder zu Wasser.

Und was hatten wir wieder für ein Fotoglück! In einer Bucht nahe Twillingate fanden wir einen über 60 m hohen Koloss mit der Form des Matterhorns. Davor eine verfallene Bootshütte, in der Ferne Gewitterwolken, besser angerichtet ging gar nicht.

Einer der Teilnehmer sprach einen Fischer am Hafen an und konnte ihn ganz spontan zu einer Bootstour überreden. So konnten wir exklusiv mit einem kleinen Fischerbötchen um den mächtigen Eisberg tuckern und unsere Speicherkarten füllen. Danke Hansjörg für diese spontane Aktion!

Foto: Lisa B. Sells

Farbenfrohe Fischerdörfer – wie aus einem Gemälde

Neufundlands Dörfer sind ein Farbenspiel aus Gelb, Blau, Rot und Grün – fast so, als wollten sie der oft rauen Witterung trotzen. Besonders Trinity mit seinen liebevoll restaurierten Holzhäusern und Bonavista mit seinem pittoresken Hafen haben es mir angetan. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, alles war ruhig, ehrlich und authentisch.

Fazit – Fotoglück am Atlantik

Meine Reise durch Neufundland zu beinahe unberührter Natur wird unvergesslich bleiben. Die Kombination aus dramatischer Küste, faszinierender Tierwelt, arktischen Eisbergen und malerischen Dörfern ist ein Paradies für Fotografen. Wer Natur liebt, wird Neufundland nicht nur sehen – er wird es spüren.

Foto: Nadia Heitmar

Ich hoffe, ich konnte dich mit meinem Reisebericht und meinen Fotos unterhalten und dir einen kleinen Einblick in Magie der kanadischen Atlantikprovinzen Nova Scotia und Neufundland geben. 

Vielen Dank für deine Aufmerksamkeit. Herzlich – Irene

Diese wunderbare Fotoreise wird im Juni 2027 von Thomas Heitmar, (Thomas Heitmar Fotografie & Verlag) wieder durchgeführt. Wenn du gerne fotografierst, die wilde Natur liebst und Lust auf Erlebnisse  abseits ausgetretener Pfade hast, dann solltest du dir diese Abenteuer nicht entgehen lassen!

80 Grad Nord – Spitzbergen und Arktis

Anfang Mai 2024 verbrachte ich acht Tage auf einer Expedition rund um Spitzbergen und der Arktis. Als eines der ersten Schiffe der Saison wagte sich die MS Stockholm auf der westlichen Route rund um Spitzbergen und die Arktis. Ganz ohne Risiko ist so eine frühe Schiffsreise ins Nordpolarmeer nicht. Es stellte sich jeden Tag von neuem die Frage, ob die geplante Route mehrheitlich eisfrei und somit befahrbar sei. Die Situation kann sich innert Tagesfrist komplett verändern. Wo gestern eine eisfreie Passage war, kann Wind und Strömung das Packeis so dicht und dick zusammentreiben, dass am nächsten Tag auch für die MS Stockholm kein Durchkommen ist. Die schwedische Crew rund um Kapitän Magnus ist ungemein erfahren und hat alles dafür getan, die geplante Route für uns zu durchfahren. Als erstes Schiff fuhr die MS Stockholm durch den berüchtigten «Forlandsundet», eine die Reise verkürzende Route zwischen dem Festland von Spitzbergen und der vorgelagerten Insel Forland, gefürchtet wegen ihrer starken Strömungen.

Westlküste Spitzbergen
Packeis vor der Küste

MS Stockholm

Die MS Stockholm ist ein altehrwürdiges, klassisches Schiff, welches ursprünglich 1953 für die schwedische Schifffahrtsverwaltung gebaut wurde. Im Jahr 1998 wurde sie komplett überholt und trat ihre neue Reise als Polarexpeditionsschiff an. Mit ihren schönen Messingdetails und Holzdecks ist die MS Stockholm ein beeindruckendes Stück maritimer Geschichte, wegen ihres Charmes und ihrer Eleganz schlichtweg einzigartig. Seit 25 Jahren ist sie in den schwierigen Gewässern Spitzbergens unterwegs und hat bewiesen, dass sie auch entlegene Orte erreichen kann, die für grössere Schiffe unzugänglich sind.

MS Stockholm
Auf der Brücke
Die gemütliche Lounge
An Bord
Auf der der Brücke
Detail

Nach der Landung in Longyearbyen, der einzigen Siedlung auf Spitzbergen, ging es direkt an Bord. Nach der Zuweisung der Kabine und einer schnellen Verstauung des Gepäcks wurde schon in die gemütliche Lounge gerufen. Bei einem Welcomedrink erhielten alle acht Teilnehmer ein ausführliches Briefing für das Leben und Verhalten an Bord, sowie den geplanten Fahrten und Anlandungen mit den Zodiacs.  Wetsuits und Rettungs-westen wurden zusammengestellt und für jeden individuell angepasst. Ein grosser Teil des Briefings betraf selbstverständlich das Verständnis für dieses einzigartige, fragile Ökosystem und die Herausforderungen, mit denen die arktische Tierwelt konfrontiert ist.

Die MS Stockholm ist Mitglied der AECO, «Association of Arctic Expeditions Cruise Operators». Diese Organisation stellt einen nachhaltigen und umweltfreundlichen Tourismus in den bereisten Gebieten sicher. Sie ist vor allem bestrebt, Expeditionen mit dem grösstmöglichen Respekt vor Natur und Tierwelt durchzuführen.

Inselgruppe vor Spitzbergen
Spitzbergen
Eis in allen möglichen Variationen
Polarmeer
Der mächtige Monaco-Gletscher

Der Eisbär (Stunden über Stunden am Feldstecher)

Ein grosses Ziel jeder Arktisexpedition ist natürlich die Sichtung des Eisbärs. Ihn in der schier unendlichen Weite des Packeises zu finden, gestaltet sich ähnlich schwierig wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Alle acht Teilnehmer standen Stunden über Stunden mit dem Feldstecher an der Reling und suchten das Packeis und die Eiskanten des Festlandes ab. Die Guides und ein Teil der Crew tat dasselbe auf  der Brücke. Bei –8 Grad und teilweise starkem Wind hält man das meist nicht länger als eine Stunde aus. In der gemütlichen Lounge gab es aber immer heissen Kaffee, Tee und Schokolade. Man konnte sich aufwärmen und wieder Leben in die steifen Finger bringen.

Wir hatten während der ganzen Expedition vier Eisbärsichtungen, drei davon nah genug, um tolle Fotos zu schiessen. Keiner einziger Eisbär wurde von den Reiseteilnehmern entdeckt. Es war unglaublich, wie versiert und ausdauernd unsere Guides waren! Selbst durch den Feldstecher nur als winzige gelbliche Punkte sichtbar, war jeder ihrer «Eisbäralarme» ein Treffer.

Bei einer Sichtung, die für eine Fahrt mit dem Zodiac geeignet war, hiess es, in 15 Minuten bereit sein. Ab in die warmen Kleider, dann in den Wetsuit, die Rettungsweste überziehen, die ganze Fotoausrüstung wasserdicht verpacken und los ging es! Wir sahen, dass der Eisbär entlang der Eiskante nordwärts lief und positionierten uns mit unserem Zodiac ungefähr einen Kilometer vor ihm. Nun kam das gespannte Warten – kam er in unsere Richtung oder wählte er seinen Weg landeinwärts? Er kam! Erst nur als kleiner Bär in der Ferne sichtbar, kam er direkt in unsere Richtung. Es war ungemein schwer, sich zurückzuhalten und nicht schon beim ersten Anblick dauernd auf den Auslöser zu drücken. Aufmerksam und doch scheinbar unbeeindruckt beäugte er uns immer mal wieder, zog an uns vorbei und verschwand so lautlos wie er gekommen war um die nächste Bergkante. Boooah, was für ein Gänsehautmoment! Auch auf dem Zodiac war es still, wir alle waren ergriffen und schauten uns nur voller Begeisterung an. Was für eine Begegnung mit dem König der Arktis!

Er kommt!
Eisbär, Ursus maritimus
Innehalten und die Fremden beobachten
Auf in Aug

Auch unsere zweite Begegnung war ein Riesenspektakel. Wir hatten in einer ruhigen Bucht an der Eiskante für die Nacht geankert und sassen um 22.30 Uhr beim Schlummertrunk in der Lounge. Einige hatten sich schon zum Schlafen in die Kabine zurückgezogen. Wir hörten ein lautes Poltern auf der Treppe von der Brücke. Christian, unser Super-Guide hatte einen Eisbären entdeckt. (Anmerkung: Auf dem 80. Breitengrad Nord geht die Sonne bereits Anfang Mai nicht mehr unter, sie streift nicht einmal den Horizont, d.h. es gibt nur eine leichte Dämmerung). Wieder einmal hiess es: alles anziehen - von langer Unterhose, bis zu Mütze und Handschuhen, Kamera packen und raus.

In weiter Ferne zog ein Eisbär entlang eines mächtigen Gletschers seines Weges. Ob sein Weg wohl in unsere Richtung führt? Lange beobachten wir ihn, immer kleiner wurde er und verschwand hinter einer Bergkante, viel zu weit weg, schade. Christian meinte allerdings, es bestehe eine Chance, dass der Eisbär über die Bergkante in die nächste Bucht wandere und wir ihn dort am nächsten Morgen erwischen könnten. Die Pläne wurden geändert, der Anker gelichtet und in die nächste Bucht gefahren, während wir uns in unsere Kojen schlafen legten. 2.30 Uhr, wieder lautes Poltern und Hämmern an die Kabinentür. Christian hatte recht – er war gekommen! Vom Pyjama in die ganze Polarausrüstung so schnell wie möglich. Und wie er kam! Auf äusserst fotogenem, wunderschön strukturiertem Packeis kam er direkt auf die MS Stockholm zu und näherte sich uns sicher bis auf ca. 250 Meter.

Grandios, überwältigend… nochmals ein solch nahe Begegnung, fast Auge in Auge. Ein Erlebnis, dass ich nie vergessen werde.

Dimensionen und Lebensraum
Eisbär, Ursus maritimus
Eisbär, Ursus maritimus
Eisbär, Ursus maritimus

Walrosse und Robben

Walrosse und Robben sind viel leichter zu finden. Da sie sich meist in Gruppen auf dem Packeis oder Eisschollen aufhalten, kann man sie mit dem Feldstecher als dunkle Fläche relativ gut erkennen. Die Seehunde und Bartrobben sind in kleineren Gruppen anzutreffen, die Walrosse schliessen sich oft – vor allem während der Paarungszeit – zu grossen Verbänden zusammen.

Das Aussehen der Seehunde und Bartrobben mit ihren grossen Augen und dem unschuldigen Gesichtsausdruck begeisterte alle. Die Sichtung der Walrosse rief ebenfalls Begeisterung hervor, jedoch fanden die meisten ihr Aussehen nicht wahrlich schön und auch nicht fotogen. Ich bin da anderer Meinung: Ein Ausbund an Schönheit sind sie vielleicht nicht, mich faszinierten diese urtümlichen Kraftpakete, die bis zu 1200 kg schwer werden können. Trotz ihrer grossen Masse verleihen ihnen ihre sensiblen Tasthaare und die kleinen Augen einen sanften Gesichtsausdruck. Friedliche Gesellen.

Walorsse
Walrosse
Walross
Seehund, harbour seal
Warlorssportrait
Seehunde, harbour seals

Seevögel und der Zwergwal

Zu diesem frühen Zeitpunkt sind die gefiederten Gäste aus dem Süden noch nicht da und die Seevögel des Nordatlantiks, wie zum Beispiel Papageitaucher haben ihr Brutgeschäft noch nicht begonnen und leben noch weit weg auf dem offenen, eisfreien Meer.

Eismöwen und Eissturmvögel sind die ständigen Begleiter, wenn das Schiff auf Fahrt ist. Es ist eine Freude, diese anmutigen und geschickten Flieger zu beobachten.

Eiderenten, Gryllteisten und Lummen gehören zu den dauerhaften Bewohnern des Polarmeers und haben schon mit der Brautwerbung begonnen. Dies ist zeitweise lautstark zu hören.

Ganz kurz zeigte sich auch noch ein Zwergwal in einer Bucht… ich konnte in diesen 5 Sekunden lediglich ein Foto mit seiner markanten Finne schiessen, schon war er wieder abgetaucht. Eine tolle Begegnung allemal.

Eiderenten im Flug
Gryllteisten im Flug
Gryllteiste
Eissturmvogel im Flug
Eismöwe
Zwergwal, Minkwal

Ich hoffe, ich konnte dich mit meinem Reisebericht und meinen Fotos unterhalten und dir einen kleinen Einblick in diese faszinierende arktische Welt geben. Ich bewundere den Mut und die Hartnäckigkeit der Tiere und wie sie sich in diesem schwierigen Lebensraum behaupten.

Vielen Dank für deine Aufmerksamkeit. Herzlich – Irene

Zodiac in Spitzbergen

Jackpot im Bergparadies

Wollgras in den Schweizer Alpen, Sonnaunaufgang,

Ein ganz spezieller und sehr schwer zugänglicher Ort in den Schweizer Alpen stand schon lange auf meiner fotografischen «Projektliste». Zuhinterst in einem Talkessel auf über 2300 Meter über Meer liegt ein kleines Hochmoor, dort blüht im Bergsommer Wollgras in Hülle und Fülle. Durch das Hochmoor fliesst gemächlich und schön geschwungen ein stilles Gewässer, gespeist von den umliegenden Berghängen. Die Sonne wird gegen-über, hinter der eindrucksvollen Bergkette aufgehen und soll das Wollgrasmeer in ein sanftes Morgenlicht tauchen – ein perfekter Morgenspot… soweit der fotografische Plan.

Der Plan für die Umsetzung gestaltete sich aufwändiger. Es muss so vieles zusammenstimmen, die Blüte des Wollgrases, möglichst windstill muss es sein, dass das Wollgras scharf ist und nicht im Wind zittert. Mindestens drei Tage vorher stabiles Wetter ohne Gewitter und Regen. Zuviel Wasser nach einem heftigen Gewitter oder zahlreiche Regentage überfluten das Hochmoor. Die Tour ist nicht an einem Tag machbar, setzt also eine Übernachtung voraus, um den Sonnenaufgang einzufangen. Will heissen: Man plant das Biwakieren ein und trägt die entsprechende Ausrüstung (nebst der ganzen Fotoausrüstung) mit: Zelt, Schlafsack, Essen und Trinken, sowie warme Kleidung. Die Tiefsttemperaturen in diesen Höhen bewegen sich auch Sommer um die 4 Grad.

Zu guter Letzt, es führt kein markierter Bergwanderweg dorthin, den besten und trittsichersten Weg zu finden ist reine Gefühls- und Glückssache.

So haben mein geschätzter Fotografenfreund Marc Bovard, seine Freundin Heidi und ich uns die letzte Juliwoche reserviert, in der Hoffnung, dass in dieser Zeit alles einmal zusammenpassen würde.

Die Wetterprognosen sahen für Ende der Woche vielversprechend aus, also machten wir uns auf in die Berge. Ein letztes warmes Essen im Tal, anschliessend die Wanderschuhe montiert, das Gepäck geschultert und losmarschiert.

Bergwanderung, Schweizer Alpen
Schweizer Alpen, Bergwanderung

Die ersten 300 Höhenmeter Aufstieg verliefen noch auf einem steilen aber machbaren und markierten Bergwanderweg. Danach zweigt der Wanderweg in eine andere Gegend ab, den Abstieg Richtung Hochmoor mussten wir uns selber suchen. Zum Teil versperrten riesige Felsen unsere Marschrichtung und mussten umgangen werden, bisweilen eine rechte Kraxelei. Jeder Schritt musste vorausschauend geplant sein, der schwere Rucksack schwang bei grossen Ausfallschritten immer nach und erhöhte die Trittsicherheit gar nicht. Ein paar ganz steile Abschnitte rutschte ich sicherheitshalber auf dem Hosenboden herunter 😁🙈. Auf halber Strecke tauchte nach einer Bergflanke plötzlich der kleine See unterhalb des Moors in unserem Blickfeld auf und wir wussten: Wir sind auf dem richtigen Weg.

Bergsee, Schweizer Alpen

Beflügelt kletterten wir die letzten Höhenmeter hinunter zum Seelein, eine kurze Rast und entlang des Bachs auf der gegenüberliegenden Seite wieder hinauf. Es eröffnete sich der Blick auf ein unberührtes kleines Bergparadies, mittendrin das Hochmoor mit abertausenden blühenden Wollgrasbüscheln.

Den Stellplatz für die Zelte suchen, aufstellen, einrichten und die Verpflegung, alles ging in Windeseile. Marc und ich wurden vom Fotofieber, gepackt wir wollten so schnell wie möglich die optimalen Fotostandorte suchen und waren begierig auf das Abendlicht. Wir hätten uns nicht so beeilen müssen. Das Licht war eher mässig und flach und je näher der Sonnenuntergang rückte umso mehr verdichtete sich die Bewölkung und liess zum Schluss gar kein Sonnenlicht mehr durch. Diese dichte Bewölkung bremste unsere Zuversicht für den kommenden Morgen. Ein wenig ernüchtert krochen wir in unsere Zelte und stellten die Handywecker auf 4.45 Uhr.

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Fotograf im Sonnenaufgang

4.45 Uhr, Kopf aus dem Zelt, es war noch recht dunkel, trotzdem konnten wir die nach wie vor dichte Bewölkung und den wabernden Nebel im Talkessel erkennen. Nur am Zenit schimmerten milchig ein paar Sterne – keine optimalen Voraussetzungen. Wir beschlossen uns noch 30 Minuten im Schlafsack zu gönnen und erst dann aufzubrechen. Nach einer halben Stunde ein ganz anderes Bild! Ein Grossteil der dichten Bewölkung hatte sich verzogen, die Restbewölkung der hereinziehenden Warmfront war genau richtig, das erste zarte Orange am Himmel. Jetzt aber los!

Was dann am Himmel und am Horizont passierte war spektakulär, ein wahres Himmelsfeuerwerk! Die aufgehende, aber noch nicht sichtbare Sonne, liess die Wolken in allen intensiven Violett-, Rosa- und Orangetönen erglühen. Der an-gestrahlte Wollgrasblütenteppich nahm einen zarten Rosaton an, das Gewässer, dass sich durch das Wollgras schlängelt reflektierte das himmlische Feuerwerk. Und also ob das nicht genug Spektakel war, floss als Sahnehäubchen in der Ferne auf der gegenüberliegenden Berg-kette der Nebel die steilen Bergflanken hinunter. Marc und ich kriegten uns fast nicht mehr ein hinter unseren Stativen.

Es war nur noch „boaaahh, wooow, guckst du, aaahhh und ooohhh zu hören.“ Wir wussten, das ist der Jackpot, der fotografische Lotto-Sechser! Diesen wunderschönen Platz in einer noch spektakuläreren Stimmung zu fotografieren ist schlicht und weg nicht möglich. Selbst fast eine Stunde später, als Licht flach und grell wurde, konnten wir uns nur schwer von diesem Ort trennen und die Ausrüstung zusammenpacken. Als zweites Sahnehäubchen erwartete und Heidi bei den Zelten mit warmem Tee und Biberli.

Was für ein Schauspiel! Eine tiefe Dankbarkeit erfüllte uns alle drei, diesen unbezahlbaren Morgen miteinander in der Natur erlebt zu haben. Jackpot im Bergparadies!

ALASKA – ein Traum wird endlich wahr

 

Viele von euch wissen, dass ich seit jeher mit dem Fernweh- und Reisevirus infiziert bin (ich hoffe es ist nicht grenzwertig in diesen Zeiten Anspielungen auf Viren zu machen 😉).

Seit ich in meiner Jugend die Abenteuerromane «Ruf der Wildnis» und «Wolfsblut» von Jack London las, war es immer mein Traum, einmal nach Alaska zu reisen. Mich faszinierten die Beschreibungen dieser Landschaft und des rauen Lebens in diesem entlegenen Winkel der Erde. Das Buch «Into the wild» von Jon Krakauer und der gleichnamige Film über den Aussteiger Christopher McCandeless, Ende der Nullerjahre weckten den schlafenden Traum wieder auf. Ich begann mich eingehender mit der Planung zu befassen, d. h.welche Orte ich denn in Alaska besuchen wollte. Die arktische Tundra, den sagenhaften Mount Denali – den höchsten Berg Nordamerikas – und die Fjorde und Gletscher Südwestalaskas standen ganz oben auf meiner Liste.

Und natürlich die BÄREN 🐻❤️🐻.

 

Dass es in Alaska die weltweit grösste Bärendichte gibt wusste ich schon, Beobachtungsplätze, welche relativ einfach erreichbar sind gibt es einige. Ich wollte aber den Bären so nahe wie möglich kommen und sie abseits von jedem Besucherrummel erleben…  «into the wild» eben. Bei meinen Recherchen stiess auf die Insel Kodiak und die Katmaiküste, wo die grössten Braunbären (in Nordamerika «Grizzlys» genannt) leben. Die Küstenbären von Katmai hatten es mir besonders angetan, fernab von jeder Zivilisation leben sie im äussersten Zipfel Südwestalaskas. Doch wie sollte ich an diesen unerschlossenen Ort gelangen, der – wenn überhaupt – nur per Schiff oder Wasserflugzeug erreichbar ist?

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Küstenbraunbären von Katmai

Es sollten noch einmal ein paar Jahre vergehen, bis ich den Schweizer Biologen und Bärenforscher David Bittner kennenlernte. David hat viele Sommer an der Katmaiküste bei den Bären verbracht. Mit seiner Wissenschaft, Aufklärung, Büchern und dem Medium Film setzt er sich für den Schutz und den Erhalt dieser einzigartigen Tiere ein. Hin und wieder organisiert und leitet David Expeditionen zu den Küstenbären. Da wollte ich unbedingt dabei sein! 2018 wurde eine Expedition für September 2020 geplant, wie freute ich mich, einer dieser raren Plätze zu bekommen. Und dann… ja dann kam die Pandemie. Die Expedition wurde verschoben auf 2021, anschliessend auf 2022 und dann erstmal wegen mangelnder Teilnehmer abgesagt. David gab jedoch nicht auf und fand doch noch eine kleine Gruppe unerschrockener Bärenfans für die Tour. Nach über 3 Jahren Planung, Vorfreude, Verschiebung, Absage und erneuter Planung, klappte es endlich – meine Reise nach Alaska konnte beginnen.

Nach einer langen Anreise via San Francisco kam ich in Anchorage an. Ich hatte super Flugwetter. Just bei meinem Abflug in SF ging die Sonne auf, das erste Licht auf der Flügelspitze, unten die Golden Gate Bridge. Mount Hood in der Nähe von Seattle präsentierte sich ebenfalls sehr schön.

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In Anchorage noch fast sommerlich und angenehm mild, veränderte sich die Natur auf der Fahrt gegen Norden fast nach jeder Meile und auf einmal war ich im Herbst angekommen. Die dichten Fichten- und Birkenwälder wurden weniger und der Blick in die arktische Tundra tat sich auf. Die weite Landschaft begeisterte mich.

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DENALI NATIONALPARK

Erste Station meiner Reise war die einsame Wildnis des Denali Nationalparks. Ich war überwältigt von der Schönheit dieser weiten Landschaft, die arktische Tundra leuchtete in allen Herbstfarben von gelb, rot bis purpur.

Nur die ersten 15 Meilen sind dem Individualverkehr gestattet, wer wirklich IN das Herz des Denali NP und die einsame Wildnis will, muss auf den Parkbus umsteigen und restlichen 85 Meilen mit  diesem Bus auf der Schotterstrasse zurücklegen.

Im August 2021 ist ein Abschnitt der Strasse wegen schon länger anhaltendem Auftauen des Permafrostes abgerutscht, die Zufahrt bis auf Weiteres unmöglich geworden. Diese wird wohl erst 2025 mit veränderter Stassenführung wieder möglich werden, wie mir ein Parkranger erzählte.  

https://www.nps.gov/dena/learn/nature/pretty-rocks.htm.

Die drei einzigen und heissbegehrten Logdes im Denali NP haben nun einen AirTaxi-Service eingerichtet. So konnte ich mit einer Cessna 205 in die Kantishna-Berge fliegen. Ich hatte riesiges Wetterglück, der Mount Denali, der höchste Berg Nordamerikas (6190m) und einer der «seven Summits», zeigte sich in seiner ganzen Pracht und der nette Pilot flog sogar noch eine Extrarunde. Auch während meines Aufenthaltes war mir der Berg, der sich zwei Drittel des Jahres in den Wolken versteckt, immer wieder gnädig.

Ich bezog im Camp meine Hütte, fliessend kalt und Wasser vor der Tür 😜, Plumsklo in 20m Entfernung und genügend Holz zum Heizen. Es folgte ein herzlicher Empfang im Dinning Room. Die Nationalfaggen aller anwesenden Gäste wurden aufgehängt. Eine internationale coole Truppe hatte sich da zusammengefunden.

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Da war er nun, der Berg meiner Sehnsucht: Der Mount Denali, der Berg, der weiter als alle anderen auf der Erde über seine Umgebung hinausragt. Denali bedeutet in der Sprache des Indianerstammes Koyukon, «der Grosse» oder «der Hohe». Das Klima am höchsten Gipfel der Alaskakette ist extrem, gerade bei wolken- und niederschlagsfreiem Wetter ist es am Denali sehr kalt. Am Gipfel werden selten Temperaturen über -15 Grad gemessen, häufiger sind Werte um -30 Grad, wobei der Kälterekord bei etwa -73 Grad liegt.

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Wunderschön auf den täglichen Wanderungen waren die Sichtungen der «Big Four» Alaskas: Bär, Elch und Karibu, einzig den Wolf traf ich nicht an. Die Karibus hatten bereits ihr Winterfell und sammelten sich für ihre Wanderung gegen Süden. Die Bären frassen noch was Zeug hält, bevor sie Winterschlaf halten. Es hatte noch Blaubeeren in Hülle und Fülle und sowohl Bären- wie auch Karibukot waren vielfach violett anzutreffen 😜. Die Begegnungen mit den Wildtieren sind keine Selbstverständlichkeit und es hängt wohl damit zusammen, dass die Parkstrasse geschlossen und es dementsprechend viel ruhiger ist. Ein besonderes Highlight war Frau Elch beim Frühstück im Wonder Lake, mit dem ersten Licht am Mount Denali.

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DIE KÜSTENBÄREN VON KATMAI

Ausgangspunkt zum zweiten Ziel meiner Alaska-Reise war die Insel Kodiak, zweitgrösste Insel der USA,  im Südwesten Alaskas gelegen. Fjorde, Berge, Buchten, Strände und Grün soweit das Auge reicht. Ihre schöne und raue Natur hat der Insel den Namen «Emerald Isle» eingebracht – die grüne Insel.

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Kodiak Island

Hier startete die Expedition per Schiff zu den Küstenbären des Katmai Nationalparks. Die Katmai-Küste… eine unerschlossene Küste, fernab von jeder Zivilisation gelegen, erreichbar nur per Schiff oder Wasserflugzeug. Die Bären kommen nach ihrem Winterschlaf in den Bergen hinunter zur Küste und ernähren sich von Muscheln, Gras, Wurzeln und gelegentlich auch Fisch. Sie warten sehnsüchtig auf das Ende des kurzen Sommers, wenn die Lachse nach ihrer langen Reise durchs Meer an ihren Geburtsort zurückkehren, die Flüsse hinaufschwimmen, um ihre Laichgründe zu erreichen.

Der Juli und August waren in Alaska (im Gegensatz zu Europa) sehr nass und regenreich. Das hatte zur Folge, dass die Flüsse sehr viel Wasser führten und es für die Lachse einfacher war, ihre Laichgründe zu erreichen. Deshalb trafen sie diese Saison schon relativ früh ein, zur Freude der Bären. Die Bären kennen unterschiedliche Techniken, um die Lachse zu jagen und sind dabei sehr effizient. Fast jede dritte Attacke ist erfolgreich, aber zugleich auch ein Kraftakt. Man sah den Bären bereits an, dass es eine gute Saison war. Sie waren sehr wohlgenährt und somit gut gerüstet für den Winterschlaf.

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Was tut der Bär wenn er sich den Bauch vollgeschlagen hat? Siesta machen natürlich, und sich die Sonne auf den Bauch oder andere wertvolle Stellen scheinen lassen 😜.

Nach Erreichen der Flussbiegung eines Morgens, überraschten wir 7 Bären am Fischen. Was für ein spektakulärer Anblick!

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Ich wurde schon ein paar Mal gefragt, wie nahe wir den Bären gekommen sind. Sehr nahe, bis auf 2 Meter. Diese Nähe hatten sich die Bären jedoch selbst ausgesucht – sie waren es, die auf uns zukamen. Wir näherten uns immer in respektvoller Distanz und liessen den Tieren den nötigen Raum. Sie fühlten sich so nicht gestört und konnten sich immer auch zurückziehen. Bärenmüttern mit Jungtieren näherten wir uns nur bis 200 Meter Distanz. Sie sind besonders sensibel und wir wollten sie auf keinen Fall nervös machen oder in irgendeiner Weise bedrängen. Aus irgendeinem Grund schleppte ich ja das schwere Teleobjektiv mit mir 😉. Heikle Situationen gab es nie, ich hatte vollstes Vertrauen zu David. Er kennt die Buchten, die Bärenpfade und kann das Verhalten der Bären deuten und einschätzen. Er war stets wach- und aufmerksam hinter uns. Für Interessierte lege ich euch Davids Doku «Der Bär in mir» ans Herz.

Die Hauptakteure meiner Alaska-Reise waren die Küstenbären. Ich durfte jedoch, zu meiner Freude, noch zahlreiche andere Begegnungen mit den Wildtieren Alaskas erleben. Der Bär ist der Boss in Alaska, der Elch der König der Tundra. Gelassen und majestätisch streift er durch sein Revier. Seine Körpergrösse und sein Schaufelgeweih sind beindruckend. Auch wenn er ruhig und gelassen wirkt, der nötige Sicherheitsabstand sollte unbedingt eingehalten werden. Ein Elchbulle kann gut und gerne 600 kg schwer werden.

Die Majestät der Lüfte ist der Weisskopfseeadler, das Wappentier der USA. Ein listiger Greifvogel. Meist sitzt er stundenlang, hoch oben und gut versteckt in den Bäumen entlang der Flüsse und späht nach Beute. Nur sein weisses Kopfgefieder verrät ihn. Ich erwischte ihn trotzdem 😀. Es dauert 4 Jahre, bis der Weisskopfseeadler sein charakteristisches Gefieder mit dem weissen Kopf und Schwanz erhält. Juvenile Vögel gleichen unseren Seeadlern.

Die Gemütlichkeit in Person war der Seeotter, chillig trieb er im Wasser und genoss die Abendsonne, ich taufte ihn «Ottie». Eine kleine neugierige Schönheit konnte ich beim Baden beobachten, eine Grauwasseramsel. Sie ist die einzige in Nordamerika beheimatete Vertreterin der Wasseramseln.

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Acht Tage waren wir unterwegs in Wathosen, auf uralten Bärenpfaden und durch Flussläufe, bei schönstem Wetter und strömendem Regen. Wir übernachteten auf unserem Schiff, der Island C, wo uns eine grossartige Crew umsorgte und an nassen Tagen mit einer wärmenden Suppe empfing. Das Erlebte und die Begegnungen mit den Bären in Worte zu fassen ohne zig Superlative zu verwenden ist schwierig. Es war magisch und hat mich tief berührt.

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SEWARD UND DIE KENAI FJORDS

 

Letzte Station meiner Reise war Seward, 130 Meilen südlich von Anchorage an der Resurrection Bay gelegen. Eingerahmt von schroffen Bergen, umgeben von tiefen Fjorden und mächtigen Gletschern, die ins Meer kalbern. Ich hatte in den ersten drei Wochen trotz des unbeständigen Klimas in Alaska so viel Wetterglück, einmal musste es ja umschlagen. Übles Hudelwetter… Regen, neblig grau und verhangen, keine Chance diese prächtige Landschaft wirklich zu erleben und ansprechende Fotos zu machen – leider. Einzig an einem Nachmittag, auf einer Wanderung riss es kurz auf.

Eine gewisse Enttäuschung war sicherlich da, doch als ich am Kamin meines schnuckligen B&B sass, die ersten Fotos selektionierte und das bisher Erlebte Revue passieren liess… Glücksgefühle!

Einmal mehr gingen mir die Worte meines Lieblingsdichters John Muir durch den Kopf: «Bei jedem Spaziergang durch die Natur erhält man viel mehr als man gesucht hat». Ich war und bin so dankbar über die vielfältigen Begegnungen mit den Bären in ihrem unberührten Lebensraum und diesen weiten Landschaften der arktischen Tundra.

Alaska – the last frontier ❤️.

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Ich hoffe, ich konnte dich mit meinem Reisebericht und meinen Fotos unterhalten, dir die Schönheit Alaskas näherbringen und vielleicht zu Büchern oder Filmen inspirieren. Weitere Fotos von Alaska und den Bären findest du unter den entsprechenden Reitern auf der Webseite. Ich schliesse mit dem «Tschüss-Bär» und einem Schnappschuss aus dem Feld.

Herzlich – Irene

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Irene
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